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SRI AUROBINDO
Ausgesucht und übersetzt von Theodora Karnasch aus "Thoughts and Aphorisms" -"Karma", Sri Aurobindo Birth Centenary Library, Vol.16 - "The Supramental Manifestation and Other Writings"
Ich bin kein Jünger der Liebe, denn ich habe nicht um Gottes willen auf die Welt verzichtet. Wie kann ich auf etwas verzichten, was Er mir mit Gewalt genommen und mir dann wider meinen Willen wiedergegeben hat? Ich bin kein Jünger der Liebe, kein Schüler der Weisheit, kein Diener des Herrn. Was also dann? Ich bin ein Werkzeug in den Händen meines Meisters, eine Flöte, die der göttliche Hirtenknabe bläst, ein Blatt, das weht im Atem seines Herrn. Hingabe ist erst vollkommen, wenn sie auch Handeln und Wissen geworden ist. Du magst Gott, deinen Führer und Lehrer, herausfordern und fragen: "Habe ich recht oder hast du in deiner Liebe und Weisheit zugelassen, dass mein Versand mich täuscht?" Zweifle an deinem Verstand, wenn du willst, aber zweifle nicht daran, dass Gott dich führt. Der skeptische Verstand zweifelt ständig, weil er nichts versteht; das Vertrauen des Gottliebenden aber ist beständig, obwohl er nichts versteht. Beide sind notwendig in unserer Dunkelheit, aber es besteht kein Zweifel darüber, was mächtiger ist, denn was ich jetzt noch nicht verstehen kann, werde ich eines Tages begreifen; wenn ich aber Vertrauen und Liebe verloren habe, dann entferne ich mich ganz und gar von dem Ziel, das Gott mir gesteckt hat. - 1 - Dienen, nützt vor allem denen, die Gott lieben und denen, die Gott erkennen möchten, weil es ihnen hilft, die seltsamen Wunder Seines materiellen Werkes im einzelnen zu verstehen und zu bestaunen. Der eine lernt und wundert sich: "Schau, wie sich der Geist in der Materie offenbart". Der andere aber lächelt: "Schau doch nur die Spur meines Herrn und Geliebten, des vollkommenen Künstlers, der allmächtigen Hand"! Die Weit hält es für gesund, nie die Stimme Gottes und Seiner Engel gehört zu haben. Die Mayavadin-Doktrin spricht von meinem persönlichen Gott als von einem Traum und zieht es vor, vom unpersönlichen Sein zu träumen; die Buddhisten lehnen auch das als Fiktion ab und ziehen es vor, vom Nirwana zu träumen und von der Seligkeit des Nichts. So sind alle Träumer damit beschäftigt, die Vision aller anderen zu schmähen und ihre eigene als absolute Wahrheit hinzustellen. Meinem Denken aber ist höchste Realität, was mir die Seele am höchsten erfreut. Die Mayavadin-Doktrin sieht jenseits aller Personalität undefinierbares Sein; als ich ihr dorthin folgte, fand ich jenseits allen undefinierbaren Seins Krischna, meinen Geliebten. Kalvin, der die ewige Hölle rechtfertigte, kannte Gott nicht, denn er machte eine Seiner schrecklichen Masken zu Seiner ewigen Wirklichkeit. Wenn es eine nie endende Hölle gäbe, könnte sie nur der Sitz einer niemals endenden Verzückung sein; denn Gott ist Seligkeit und also die Ewigkeit Seiner Seligkeit, und es gibt keine andere Ewigkeit. Ein Gott, der nicht lächeln kann, könnte dieses humorvolle Weltall nicht geschaffen haben. O Aristophanes des Alls; du beobachtest deine Welt und lächelst zärtlich vor dich hin. Willst du mich nicht auch mit göttlichen Augen sehen und teilhaben lassen an deinem weitweiten Lächeln? Wenn die Seele aufhört, sich um Anblick und Drohung der Sorgen zu kümmern, macht sie eine ihrer seltsamsten Entdeckungen, dass nämlich die Sorgen nirgends, auch ringsum nicht mehr zu finden sind. Und dann hören wir, wie Gott hinter jenen unwirklichen Wolken über uns lacht. - 2 - Kalidasa sagt in einem kühnen Bilde, dass die Schneegebirge des Kailasch das laute Weltgelächter Schiwas seien, aufgetürmt den Gebirgsgipfeln in lauterer, fleckenloser Reinheit. Das ist wahr; und wem dies Bild ins Herz dringt, dem schmelzen alle Weltlichen Sorgen dahin, wie die Wolken da unten in ihr wahres Nichts. Die Semiten haben die Menschheit mit der Vorstellung von einem Gott heimgesucht, der ein ernster, würdiger König und ein feierlicher Richter sei, der keinen Spaß verstehe. Wir aber haben Krischna als einen Knaben kennengelernt, der gerne spielt, und als ein Kind, das voller Übermut ist und selig lacht. Dem tiefen hebräischen Gleichnis gemäß fielen unsere Eltern der Sünde anheim, weil sie die Frucht vom Baume der Erkenntnis von Gut und Böse aßen. Hätten sie doch gleichzeitig vom Baume des ewigen Lebens gekostet, dann waren sie den unmittelbaren Folgen entgangen; aber dann wäre Gottes Absicht in der Menschheit vereitelt worden. Sein Zorn ist uns also von ewigem Nutzen. Wann wird sich die Welt in ein Paradies verwandeln? Wenn alle Menschen Jünglinge und Mädchen werden und mit Gott, als Krischna und Kali, dem glücklichsten Jüngling und dem kräftigsten Mädchen, im Garten des Paradieses spielen. Das Eden der Juden war schön ganz gut, aber Adam und Eva waren zu erwachsen und ihr Gott zu alt und zu ernst und zu feierlich, als dass sie dem Angebot der Schlange hätten widerstehen können. Die Juden erfanden den gottesfürchtigen Menschen, Indien aber den, der Gott kennt und liebt. In Judäa wurde der Diener Gottes geboren, aber zur Reife kam er erst bei den Arabern; Indiens Freude aber ist der liebende Sklave. Wer danach strebt, Gott kennenzulernen, findet in der Legende, wie Krischna die Kleider der Gopis stiehlt, eines der tiefsten Gleichnisse, wie Gott mit der Seele verfährt: Der Fromme findet in seinem göttlichen Tun eine vollkommene Darstellung der mystischen Erfahrungen seines Herzens, der Lüstling und der Puritaner aber (die beiden Gesichter des gleichen Temperaments) sehen in ihr nur eine unzüchtige Geschichte. Die Menschen bringen mit, was sie in sich tragen und finden es in den Schriften widergespiegelt. - 3 - Mein Geliebter nahm mir das Kleid der Sünde; ich ließ es fallen und freute mich; dann griff er nach meinem Kleid der Tugend, ich aber war beschämt und erschreckt und wehrte mich. Erst als er es mir mit Gewalt entriss, sah ich, wie verborgen mir meine Seele gewesen war. Die Scham hat bewundernswerte Früchte hervorgebracht, und weder in der Moral noch in der Ästhetik möchten wir ohne sie auskommen; trotzdem ist sie ein Zeichen der Schwache und ein Hinweis auf Unwissenheit. Die Sünde ist ein Trick und eine Maske Krischnas, die ihn vor dem Blick der Tugendhaften verbergen soll. Entdecke, o Pharisäer, im Sünder Gott und die Sünde in dir selbst, wie sie dein Herz reinigt, und umarme deinen Bruder. Nicht weil er mein Nachbar ist, sollte ich meinen Nächsten lieben - denn was bedeutet schon Nachbarschaft oder Ferne? - noch weil die Religionen mir sagen, dass er mein Bruder sei - denn wo ist die Wurzel dieser Bruderschaft? - sondern weil er ich selbst ist. Nachbarschaft und Ferne gehen meinen Körper an, das Herz aber geht weiter. Bruderschaft ist eine Sache des Blutes, des Vaterlandes, der Religion oder der Menschheit; wenn aber das Eigeninteresse ruft, was wird dann aus solcher Bruderschaft? Nur wenn wir in Gott Leben und Denken, Fühlen und Leib in das Bild seiner All-Einheit verwandeln, dann wird diese tiefe, uneigennützige und unangreifbare Liebe möglich sein. Wer menschlichen Wesen auch nur ein wenig Gutes erwiesen hat, und sei er auch der schlimmste unter den Sündern, der wird von Gott in den Rang seiner Liebenden und Diener aufgenommen. Er wird das Antlitz des Ewigen schauen. Selbstmitleid stammt immer aus Selbstliebe; aber Mitleid anderen gegenüber stammt nicht immer aus der Liebe zu anderen. Manchmal ist es nichts anderes als das Zurückschrecken vor dem Anblick eines Leidens, das man selbst fürchtet: manchmal ist es das mindeste an Almosen, das der Reiche für den Armen hat. - 4 - Blindes Mitleid ist die edelste Gabe des Gemütes, einem lebenden Wesen nicht das geringste Leid zuzufügen, die höchste aller menschlichen Tugenden; Gott aber übt beides nicht: Ist der Mensch also edler und besser als der All-Liebende? Es ist eine der bittersten Erfahrungen menschlichen Mitleids, dass es nicht immer zum besten der Seele, des Denkens oder des Leibes gewesen ist, einen Menschen vor Leiden an seinem Leibe oder Denken bewahrt zu haben. Es ist gut, Mitleid mit der Kreatur zu haben, aber es ist nicht gut, zum Sklaven dieses Mitleids zu werden. Sei niemandes Sklave, außer Gottes, nicht einmal seines lichtesten Engels. Menschliches Mitleid wird aus Schwäche und Unwissenheit geboren; es ist der Sklave der Gemütseindrücke. Göttliches Erbarmen versteht, unterscheidet und heilt. Mitleid ist manchmal ein guter Ersatz für Liebe, aber auch nie mehr als das. Entwickle lieber göttliches Erbarmen als menschliches Mitleid. Nicht herzzerreißendes Mitleid, das dich innerlich schwächt, sondern das ruhige göttliche Erbarmen und die Hilfsbereitschaft, die die Situation meistert, das sind die Tugenden, die wir ermutigen sollten. Herr der Welt zu sein wäre tatsächlich höchste Glückseligkeit, wenn man von allen geliebt würde; um das allerdings zu erwirken, müsste man gleichzeitig der ganzen Menschheit Sklave sein. Vollkommene Liebe verjagt alle Furcht; bewahre aber in deinem Herzen deren zarten Schatten als Erinnerung an das Exil, das wird die Vollkommenheit noch vollkommener machen. Gott wirklich zu fürchten heißt, sich von Ihm entfernen. Ihn aber spielend zu fürchten, gibt der höchsten Glückseligkeit erst die Tiefe. - 5 - O du Narr deiner Schwache! Verhülle deinem Auge nicht Gottes Angesicht durch den Schleier der Ehrfurcht, nähere dich Ihm nicht in der Schwäche des Bittstellers. Schau doch! Du wirst auf Seinem Antlitz nicht die feierliche Strenge des Königs und Richters finden, sondern das Lächeln des Geliebten. Gottes-Freude ist etwas Wundervolles im Verborgenen, sie ist Geheimnis und Verzückung, über die der gesunde Menschenverstand nur seinen Mundvoll Spott ausgießt; die Seele aber, die sie einmal gekostet hat, kann nie mehr darauf verzichten, was für Schande, Quälereien und Kummer in der Welt sie uns auch bringen mag. Wenn ich mich je um Lob gekümmert hatte, o ihr Heiligen, wenn ich jemals um guten Ruf etwas gegeben hätte, o ihr Propheten, dann hätte mein Geliebter mich niemals in Seine Arme genommen und mir nie den Schlüssel zu Seinem Schlafgemach gegeben. Ich tat in der Welt, was mein Geliebter mir befahl und fügte mich dem Willen dessen, der mich fing; sie aber rufen: "Wer ist dieser Verführer der Jugend, dieser Verderber der Sitten?" Kannst du Gott als das körperlose Unendliche sehen und doch lieben wie ein Mann seine Geliebte liebt? Dann hat sich dir die höchste Wahrheit des Unendlichen enthüllt. Wer Dich liebt, o Herr, dem ist das Gespött der Welt wie wilder Honig und das Steinewerfen durch den Mob wie Sommerregen auf heißen Leib. Denn bist Du es nicht, der da spottet und wirft, und bist nicht Du es in dem Stein, der mich trifft und verletzt? Andere rühmen sich ihrer Liebe zu Gott. Mein Ruhm ist, dass nicht ich Gott geliebt habe, sondern dass Er mich liebte, auserwählte und zwang Ihm zu gehören. Meine Seele Ist die Gefangene Gottes, von ihm auf dem Schlachtfeld erobert; und soweit entfernt sie davon auch schon ist, erinnert sie sich immer hoch des Sieges mit Schrecken, Staunen und Entzücken. - 6 - Nur die Seele, die nackt ist und ohne Scham, kann rein sein und unschuldig, so wie Adam war im ersten Paradiese der Menschheit. Kannst du Gott als das körperlose Unendliche sehen und doch lieben, wie ein Mann seine Geliebte liebt: Dann hat sich dir die höchste Wahrheit des Unendlichen enthüllt. Kannst du auch dieses Unendliche mit einem Körper bekleiden, den du heimlich umarmen kannst und Ihn doch in jedem und in all diesen Körpern sehen, die sichtbar sind und greifbar: Dann hast du auch seine weiteste und tiefste Wahrheit begriffen. Die göttliche Liebe, spielt gleichzeitig ein zweifach Spiel, einmal in einer universalen Bewegung, die tief und ruhig ist, unergründlich wie der tiefste Ozean, der auf der ganzen Welt, auf jeglichem Ding, wie auf ebener Fläche mit gleichem Druck lastet, und ein andermal in einer rhythmischen Bewegung, mächtig, intensiv und ekstatisch wie die tanzende Oberfläche des gleichen Ozeans, der ständig die Macht und Gewalt seiner Wogen verändert und die Küsten auswählt, auf die er sich mit dem Kuss seines Schaums und Gischtes und der Umarmung seiner verschlingenden Wasser stürzen kann. Die widerspenstige Hartnäckigkeit, mit der wir uns an unser schäbiges, verstümmeltes, nachtdunkles, kummervolles, individuelles Erdendasein klammern, selbst dann, wenn uns die ungebrochene Seligkeit unseres universalen Lebens ruft, ist eines der erstaunlichen Geheimnisse Gottes. Es kann höchstens verglichen werden mit der unendlichen Blindheit, mit der wir den Schatten unseres Ego über die ganze Welt werfen und das dann das universale Wesen nennen. In diesen beiden dunklen Schatten offenbart sich das eigentliche Wesen und die Macht der Maya. Wenn ich in Krischna lebe, verschwinden das Ich und die Eigensucht, und nur Gott selbst kann meine Liebe mässigen, die unbegrenzbar bodenlose. Solang ich in der Welt noch andere sah als Krischna und mich selbst, hielt ich geheim, was Gott an mir tat; als ich aber anfing Ihn und mich überall zu sehen, bin ich schamlos und geschwätzig geworden. - 7 - Alles, was meinem Geliebten gehört, gehört mir. Warum beschimpfst du mich, weil ich den Schmuck zeige, den Er mir gegeben hat? Mein Geliebter nahm seine Krone von seinem Haupte und sein königliches Geschmeide von seinem Nacken und schmückte mich damit; die Schüler der Heiligen aber und die Propheten schmähten mich und sagten: "Er jagt seinen Gaben nach". Trunken von der Verzückung meines Geliebten warf ich ab mein weltliches Kleid mitten auf der Prachtstraße dar Welt. Warum sollte es mich scheren, dass die Weltlinge sich über mich lustig machen und die Pharisäer ihre Gesichter abwenden? Als ich erfuhr, dass Gott eine Frau sei, begann ich zu ahnen, was Liebe ist; aber erst als ich Frau wurde und meinem Herrn und Geliebten diente, wurde mir die Liebe innigst vertraut. Mit Gott Ehebruch zu begehen, das ist das Erlebnis, für das die Welt erschaffen wurde. Monogamie mag das Beste sein für den Körper. Die Seele aber, die Gott in den Menschen liebt, wohnt hier immer als grenzenloser und ekstatischer Polygamist; und doch — und das ist ihr Geheimnis — liebt sie alle Zeiten nur das Eine Wesen. Gott hat es so eingerichtet, dass das Weltall der Gatte der Seele ist; Krischna aber ist insgeheim ihr göttlicher Liebhaber. Wir schulden der Welt eine Menge Dienste und sind ihr verbunden durch Gesetz und öffentliche Meinung und haben in ihr Schmerzen und Freuden erfahren; aber unser Herz, unsere Kraft und unsere geheime Freude gehören unserem Geliebten. Als ich zum ersten Mal Krischna begegnete, da liebte ich ihn als Freund und Spielgefährten, bis er mich hinterging; da war ich empört, und ich konnte Ihm nicht vergeben. Später liebte ich ihn als Geliebten, und immer noch hinterging er mich; ich war wieder und noch mehr empört, aber dieses Mal musste ich Ihm vergeben. - 8 - Nachdem er mich gekränkt hatte, zwang er mich Ihm zu vergeben, nicht, indem er alles wiedergutmachte, sondern indem er mich von neuem kränkte. Solange Gott versuchte, seine Kränkungen mir gegenüber wiedergutzumachen, lagen wir ständig im Streit; als er aber seinen Fehler einsah, hörte das Streiten auf, weil ich mich Ihm vollkommen übergab. Früher habe ich geweint, wenn ich in Sünde fiel, und habe mir und Gott gezürnt, weil, er das zugelassen hatte. Später wagte ich nur noch zu fragen: "O mein Spielgefährte, warum hast Du mich wieder in den Schmutz geworfen?" Dann schien mir auch das noch zu kühn und zu anmaßend, und ich konnte nur noch still aufstehen, verstohlen zu Ihm hinblicken und mir den Staub abklopfen. Lange Zeit wusste ich nicht, wen ich mehr liebte, Krischna oder Kali; wenn ich Kali liebte, dann liebte ich mich selbst, wenn ich aber Krischna liebte, dann liebte ich jemand anderes und war doch in Liebe mir selbst verbunden. So kam ich dazu, Krischna sogar noch mehr zu lieben als Kali. Kali ist niemand anderes als Krischna in einer Offenbarung als schreckliche Macht und zornige Liebe. Sie erschlägt mit ihren furchtbaren Hieben die Selbstsucht im Leibe, im Herzen und im Denken, um den ewigen Geist in uns zu befreien. Meinerseits, dünkt mich, habe Ich das Recht, darauf zu bestehen, dass Gott sich selbst der Welt hingibt, so wie Er sich hingibt außerhalb der Welt. Warum hatte er sie sonst erschaffen, wenn er sich dieser Verpflichtung entziehen wollte? Wenn man mit dem Herzen schaut, wird alles: Natur, Denken und Ideen, die Arbeit, die Gefühle und ihre Gegenstände: Alles wird zum Geliebten und zur Quelle der Ekstase. Die Tragödien des Herzens und des Leibes sind nicht mehr als das Weinen der Kinder über ihre kleinen Kümmernisse und ihr zerbrochenes Spielzeug. Lächle in deinem Inneren, aber tröste die Kinder, und — wenn du kannst, spiele mit ihnen. - 9 - Gott nahm ein Kind, um es an seinem Herzen zu liebkosen, die Mutter aber weinte und konnte nicht getröstet werden, weil ihr Kind nicht mehr lebte. Menschliche Liebe scheitert an, ihrer eigenen Ekstase, menschliche Stärke erschöpft sich durch ihre eigene Tatkraft, menschliches Wissen wirft Schatten, die den halben Globus der Wahrheit vor seiner eigenen Sonne verbergen; göttliches Wissen aber umfasst gegenteilige Wahrheiten und versöhnt sie, göttliche Stärke wachst durch die Verschwendung ihrer Selbstverausgabung, göttliche Liebe kann sich bis zum Letzten verschenken, sich aber niemals verzehren oder vermindern. Gott lehrt in seiner Liebe die Kinderseele und den Schwächling, indem er sie Schritt für Schritt führt und ihnen die Vision seiner höchsten und noch unerreichbaren Gebirgsgipfel vorenthält. Haben wir nicht alle irgendeine Schwäche? Sind wir in seinen Augen nicht alle kleine Kinder? Das habe ich erkannt: Was auch immer Gott mir vorenthält, er enthält es mir vor in Liebe und Weisheit. Hätte ich danach gegriffen, dann hätte ich etwas großes Gutes in ein großes Gift verwandelt. Und doch gibt er uns manchmal, wenn wir darauf bestehen, Gift zu trinken, damit wir lernen, uns davon abzuwenden, und — wissend geworden — sein Ambrosia und seinen Nektar zu kosten verlangen. In unserer Unwissenheit sind wir wie Kinder, die stolz darauf sind, dass sie aufrecht und allein gehen, und zu ungeduldig, um noch wahrnehmen zu können, dass die Mutter ständig ihre Hand auf ihrer Schulter hat. Wenn wir aufwachen und zurückblicken, dann sehen wir, dass Gott uns immer geführt und gehalten hat. Suche Gott überall und schrecke nicht zurück vor seinen Masken. Erkenne, dass alles Falsche nichts anderes ist als eine Wahrheit, die kommen will, oder eine Wahrheit, die zerbrochen wird; alles Versagen birgt in sich eine Fähigkeit, alle Schwäche eine Stärke, die sich vor ihrer Selbsterkenntnis verbirgt, aller Schmerz eine geheime und glühende Ekstase. Wenn du fest und unerschütterlich daran glaubst, wirst du am Ende die All-Wahrheit, die All-Macht und die AIl-Seligkeit sehen und erfahren. - 10 - "Leben, Leben, Leben", höre ich die Leidenschaften rufen. "Gott, Gott, Gott", antwortet die Seele. Solange du das Leben nicht als Gott siehst und liebst, ist die Freude des Lebens selbst verschlossen vor dir. "Er liebt sie", sagen die Sinne; die Seele aber sagt, "Gott, Gott, Gott". Das ist der Urgrund, der alles in sich enthält. Ich hasste den Teufel und war seiner Versuchungen und Quälereien müde; aber ich konnte mir nicht erklären, wieso seine Stimme beim Abschied so süß war, so dass es mir immer schwerer wurde, als er häufiger zu mir kam und sich mir anbot, mich ihm zu verweigern. Dann aber entdeckte ich, dass es Krischna war, der mir einen Streich spielte, und mein Hass verwandelte sich in Gelächter. Ich wurde sehr vom Teufel geplagt, bis ich herausfand, dass Gott es war, der mich versuchte; da verließ die Angst vor Ihm meine Seele für immer. Als Dante schrieb, dass es Gottes vollkommene Liebe sei, die die ewige Hölle erschuf, war er vielleicht weiser, als er wusste; denn flüchtige Erleuchtungen haben mir manchmal eingegeben, dass es eine Hölle gebe, wo unsere Seelen Äonen unerträglicher Ekstase erleiden und sich wie für Immer in der innigsten Umarmung Rudras winden, der Süßen und Schrecklichen. Wenn du Gott verfolgst und es gelingt dir, ihn einzuholen, dann lass ihn nicht eher wieder aus, als bis er dir seine Wirklichkeit gegeben hat. Wenn du aber seine Wirklichkeit hast, dann bestehe darauf, auch seine Ganzheit zu haben. Das erste wird dir göttliches Wissen geben, das zweite göttliches Handeln und eine freie und vollkommene Freude an der Schöpfung. Wenn du Gott nicht dazu bringen kannst, dich zu lieben, bringe ihn dazu, mit dir zu kämpfen. Wenn er dich nicht in Liebe umarmen will, zwinge ihn dazu, dich zu umarmen im Kampf. - 11 - Deine Seele hat Gottes ganze Seligkeit noch nicht gekostet, solange sie nicht die Freude hatte, sein Gegner zu sein, sich seinen Plänen entgegenzustellen und mit Ihm im Todeskampf zu ringen. Gott treibt uns aus jedem Paradies, um uns zu zwingen, durch die Wüste zu einem noch göttlicheren Paradies zu ziehen. Wenn du dich fragst, wozu dieser strapaziöse und scheußliche Durchgang gut sein soll, dann wirst du von deinem Denken zum Narren gehalten und hast deine Seele und ihre dunklen Wünsche und geheimen Verzückungen noch nicht studiert noch nicht studiert. Gesunder Geist hasst das Leiden, und das Verlangen nach ihm, das Menschen manchmal in sich entwickeln, ist krankhaft und widernatürlich. Die Seele aber kümmert sich um den Geist und sein Leiden nicht mehr als der Schmied um das Leiden des Erzes im Schmelzofen; sie folgt ihren eigenen Notwendigkeiten und ihrem eigenen Hunger. Wenn etwas sich absolut weigert, umgeformt oder in Gottes vollkommenes Bild verwandelt zu werden, dann mag es mit Zartheit im Herzen, aber mitleidloser Hand vernichtet werden. Aber vergewissere dich zuerst, ob Gott dir das Schwert und den Auftrag dazu gegeben hat. Du sollst deinem Nächsten kein Leid antun, o Mensch; Gott allein hat das Recht, Schmerzen zuzufügen, oder jene haben es, die Er dazu bestimmt hat. Aber bilde dir nicht, wie Torquemada, fanatischerweise ein, einer von jenen zu sein. Kannst du Gott auch in deinem Folterknecht und in deinem Mörder sehen, sogar in der Stunde des Todes oder in den Stunden deiner Folterung? Kannst du Ihn erkennen in dem, den du schlägst, ihn erkennen und lieben, während du Ihn erschlägst? Dann hast du höchstes Wissen erworben. Wie kann der zu Krischna kommen, der niemals Kali angebetet hat? Weil Gott liebt, ist er ein großer und grausamer Peiniger; du verstehst das nicht, weil du Krischna nicht gesehen und nicht mit ihm gespielt hast. - 12 - O du, der du mich liebst, schlag zu! Wenn du mich jetzt nicht schlägst, dann weiß ich, dass du mich nicht liebst. O Unglück, sei gesegnet! Durch dich habe Ich das Antlitz meines Geliebten gesehen. Wenn ich leide aus Schmerz, Kummer oder Missgeschick, dann sage ich: "Hallo, alter Freund, bange machen gilt nicht!", und setze mich hin, um die Lust der Schmerzen, die Freude des Kummers und das Glück des Unglücks zu kosten; dann sieht Er, dass Er durchschaut ist und ruft Seine Gespenster und Buhmänner zurück. Von allen Dingen auf Erden war mir das Leiden am meisten verhasst, bis Gott mich schlug und quälte; da wurde mir enthüllt, dass der Schmerz nur eine perverse und eigensinnige Art äußerster Verzückung ist. Auch wenn man jene Höhen der Seligkeit erklommen hat, wo alles Leiden versinkt, überlebt es doch immer noch — verkleidet — in der Ekstase Unerträglichkeit. Ich habe Leiden gehasst und zu meiden versucht und war verbittert über diese Heimsuchung; jetzt aber habe ich entdeckt, dass ich niemals diese unendliche und vielfältig sensible Fähigkeit zur Verzückung in meinem Denken, Fühlen und Leib haben würde, hätte ich nicht gelitten. Gott rechtfertigt sich letzten Endes immer, selbst dann, wenn er sich zunächst in der Maske der Brutalität und des Tyrannen gezeigt hat. Ich hatte geschworen, nicht mehr unter dem Kummer dieser Welt, ihrem Stumpfsinn, ihrer Grausamkeit und ihrer Ungerechtigkeit zu leiden und machte mein Herz so hart in seiner Ausdauer wie einen unteren Mühlstein und mein Denken wie die Oberfläche polierten Stahls. Ich litt nicht mehr, aber auch die Freude war von mir gewichen. Da hat Gott mir mein Herz gebrochen und mein Denken zerpflügt. Durch grausame und unaufhörliche Qualen erhob ich mich zur seligen Schmerzlosigkeit und durch Leiden, Empörung und Revolte zu unendlichem Wissen und unerschütterlichem Frieden. - 13 - Als ich entdeckte, dass Leiden die Kehrseite und Schule für die Freude war, da habe ich versucht, Schläge ohne Maßen auf mich zu nehmen und das Leiden in allen Gliedern zu vermehren; denn selbst Gottes Drangsale waren mir zu langsam, zu leicht und zu unwirksam. Da musste mein Geliebter meine Hand festhalten und rufen: "Halt ein, meine Schlage sind genug für dich." Die Selbstfolter der alten Mönche und Büßer war pervers und einfältig; und doch lag dieser Perversität das geheime Wissen der Seele zugrunde. Die größte aller Freuden ist, Gottes Sklave zu sein wie Narada. Die schrecklichste aller Höllen ist, Herr der Welt, aber von Gott verlassen zu sein. Was der unwissenden Vorstellung gemäß Gott am nächsten zu sein scheint, ist von Ihm am weitesten entfernt. Der göttliche Freund aller Geschöpfe verbirgt seine Freundlichkeit hinter der Maske der Feindseligkeit, bis wir reif geworden sind für seine höchsten Himmel; dann verschwindet, wie in Kurukschetra, die schreckliche Form des Herrn des Kampfes, des Leidens und der Zerstörung, und der erschütterten Seele und den gereinigten Augen leuchtet das süße Antlitz der Zärtlichkeit, der oftmals umarmte Leib Krischnas, des ewigen Kameraden und Spielgefährten entgegen. Gott ist unser weiser und vollkommener Freund: Er weiß, wann er uns heimsuchen, und auch, wann er zärtlich zu uns sein muss, wann er uns schlagen, und auch wieder, wann er uns retten und unterstützen muss. Leiden macht uns fähig, die volle Gewalt des Herrn der Wonne zu ertragen; es macht uns reif, auch das andere Spiel des Herrn der Macht zu ertragen; Leiden ist der Schlüssel, der die Pforten der Stärke öffnet; es ist die Passstraße, die in das Königreich der Seligkeit führt. Und doch, o Menschenseele, suche nicht das Leiden auf, denn es entspricht nicht Seinem Willen; suche nur die Freude, denn das Leiden wird sicherlich Seiner weisen Vorsehung gemäß, zu dir kommen sooft und soviel du es brauchst. Dann aber trage es, damit du am Ende des Weges Sein Herz der Verzückung findest. Gottes Diener zu sein, ist schon etwas; größer aber ist es, Gottes Sklave zu sein. - 14 - Was hilft es uns, die Natur zu bewundern, oder sie als Macht, als Gegenwart und als Göttin zu verehren? Und was hilft es uns außerdem, sie ästhetisch oder künstlerisch zu schätzen? Das Geheimnis beruht darauf, sich ihrer seelisch so zu erfreuen, wie der Mann sich körperlich einer Frau erfreut. Dem Entzücken an der Liebe zu Gott kommt am nächsten, Gott im Menschen zu lieben, — denn da kommt die Freude an der Vielheit noch hinzu. Ist es nicht verwunderlich, dass die Menschen Gott lieben können, ohne auch die Menschen zu lieben? Wen eigentlich lieben sie dann? Die ganze Welt ist meine Hochzeitskammer, und jedes lebende Wesen und alle unbeseelten Dinge in ihr sind mir das Instrument meiner Verzückung. Wie kannst du dir einbilden, Gott in deinen Geist aufgenommen zu haben, solange du nicht auch den niedrigsten Wurm und den widerlichsten Verbrecher lieben kannst? Gott lieben, aber die Welt ausschließen, heißt, Ihm große aber unvollkommene Verehrung zollen. Du hasst den Atheisten, weil er Gott nicht liebt? Dann solltest du verabscheut werden, weil du Gott nicht vollkommen liebst. Der Herr der Liebe hat gesagt: "Wer das Unerkennbare und das Unnennbare sucht, der sucht mich und der wird mich finden." Mit diesem Wort hat er den Illusionisten und den Agnostiker gerechtfertigt. Warum also, du Frommer, sperrst du dich gegen ihn, den dein Herr angenommen hat? Selbst der Atheist sollte mittlerweile fähig sein zu sehen, dass die Schöpfung sich auf ein unendliches und mächtiges Ziel zubewegt, was naturgemäß Evolution voraussetzt. Aber unendliches Ziel und unendliche Erfüllung setzen wiederum unendliche Weisheit voraus, die vorbereitet und führt, formt, schützt und rechtfertigt. Achte also diese Weisheit und verehre sie in Gedanken in deiner Seele, wenn nicht sogar mit Weihrauch in einem Tempel, auch wenn du das Herz der unendlichen Liebe und die Weisheit in dem unendlichen Glanz Ihres Selbst leugnest. Und ob du es weißt oder nicht, es ist immer Krischna, den du verehrst und anbetest. - 15 - Freue dich derer, die Gott liebt; aber habe Mitleid mit denen, die er nicht zu lieben scheint. Weil du Gott allein liebst, verlangst du, dass er dich mehr lieben soll als andere, obwohl das falsch ist und allem Recht und der Natur der Sache zuwider. Denn Er ist das Eine, du aber bist einer von den Vielen. Werde lieber eins mit allen Wesen in deinem Herzen und in deiner Seele; dann wird es niemanden mehr geben in der Welt als dich allein für Seine Liebe. Ist Liebe lediglich eine Tochter oder eine Sklavin der Eifersucht? Wenn Krischna Tschandrabali liebt, warum sollte ich sie dann nicht auch lieben? Ich streite mit allen, die dumm genug sind, meinen Geliebten nicht zu lieben, nicht aber mit denen, die Seine Liebe mit mir teilen. Liebe zum Mann, Liebe zur Frau, Liebe zu den Dingen, Liebe zum Nachbarn, Liebe zu deinem Land, Liebe zu Tieren, Liebe zur Menschheit, all das ist Liebe zu Gott, der sich in diesen lebendigen Bildern spiegelt. Lass uns wachsen an Licht und Kraft, damit wir alle erfreuen, allen helfen und alle für immer zu lieben vermögen. In früheren Zeiten gab es eine edle Art der Anrufung, um einem Seelenbund Kraft und Wirksamkeit zu geben: "So sicher, wie Gott lebt". Zu unserem modernen Glauben wurde eine andere Anrufung besser passen: "So sicher, wie Gott liebt." Unser Heimatland ist Gott, die Mutter; sage nichts Übles über sie, es sei denn, du könntest es tun in Zärtlichkeit und Liebe. Die Menschen verraten ihr Mutterland um ihres Profites willen und glauben doch, das Recht zu haben, sich mit Entsetzen vom Muttermörder abwenden zu dürfen. - 16 - Sie sagen, dass ich wahnsinnig sei, o mein Gott, weil ich keinen Fehl an dir erkenne; wenn ich wirklich aus Liebe zu dir wahnsinnig geworden bin, dann wünsche ich nicht, wieder gesund zu werden. Zweierlei an Gott nennen die Menschen böse, einmal das, was sie überhaupt nicht verstehen können, und dann das, was sie sich missverstanden angeeignet haben und missbrauchen; was sie dagegen nur halb erfasst und nur dunkel verstanden haben, nennen sie gut und heilig. Für mich aber ist alles in Ihm liebenswert. Sie erklären das Böse in der Welt damit, dass Satan Gott übertrumpft habe; ich aber denke höher von meinem Geliebten: Ich glaube, dass in Himmel oder Hölle, auf Erden oder Meeren nichts geschieht ohne Seinen Willen.
Wenn es eine Hölle gäbe, dann
wäre sie der kürzeste Weg in den Himmel. Hass weist auf geheime Anziehung hin, die ruhelos vor sich selbst flieht und heftig ihre eigene Existenz verleugnet. Auch das ist Gottes Spiel in Seinen Geschöpfen. In deinem Gegner liebe Gott, sogar wenn du ihn schlägst; so wird keiner von euch beiden in die Hölle fahren. Wenn man in Gott lebt, wird selbst Feindschaft ein Spiel der Liebe und ein Ringkampf von Brüdern. Hast du Erfolg gehabt mit deiner Bemühung, du Titan? Sitzest du nun wie Rawana und Hiranayakashipu da und wirst von den Göttern und dem Herrn der Welt bedient? Wonach aber deine Seele in Wirklichkeit jagte, das ist dir entkommen. Ravana bildete sich ein, er sehne sich nach der Herrschaft über die Welt und nach dem Sieg über Rama; seiner Seele aber schwebte all die Zeit das Ziel vor, sobald wie möglich zu ihrem Himmel zurückzukehren und Gott zu dienen. Deshalb stürzte sie sich, weil das der kürzeste Weg war, Gott als Gegner in eine wütende Umarmung. - 17 - Solange du nicht gelernt hast, mit Gott zu kämpfen wie ein Ringer mit seinem Kameraden, solange wird die Stärke deiner Seele dir verborgen bleiben. Zuerst liebte Sumbha Kali in seinem Herzen und mit seinem Leibe; dann würde er rasend und focht mit ihr, schließlich überwältigte er sie, packte sie an den Haaren und wirbelte sie dreimal um sich selbst durch die Himmel; im nächsten Moment wurde er von ihr erschlagen. Dies sind die vier Schritte des Titanen zur Unsterblichkeit hin, und sein letzter ist sein größter und gewaltigster. Weh tut die Berührung unserer Mutter, wenn sie uns lehrt, Verzückung zu ertragen und darin zu wachsen. Ihre Schule führt über drei Stufen: die erste heißt Ausdauer, die nächste Gleichmut der Seele, die letzte Ekstase. Schrecke nicht vor dem dionysischen Schrei und der Verzückung in dir zurück, aber sieh zu, dass du nicht nur ein tanzender Strohhalm auf diesen Wogen wirst. Wenn uns Kali mit ihrer wilden Kraft und brennenden Gottheit überwältigt — wer kann sie ertragen? Nur, wer schon ganz von Krischna erfüllt ist. Als ich immer höhere Gipfel Seiner Freude erklomm, da fragte ich mich, ob es denn keine Grenze Seiner Seligkeit gäbe, und fast wurde mir bang vor den Umarmungen meines Gottes. Für die Seele, die die höchste Seligkeit erreicht hat, kann das Leben nichts Böses und kein leiderfüllter Wahn mehr sein. Ihr wird alles zum Liebesflüstern und perlenden Gelächter ihres göttlichen Geliebten und seiner Spielgefährtin. Das sind die sieben menschlichen Seligkeiten im Leben: Schüler zu sein Gottes des Lehrers, Sohn zu sein Gottes des Vaters, Zärtlichkeit zu empfangen von Gott der Mutter, durch Handschlag verbunden zu sein Gott dem Freund, zu lachen und zu spielen mit Gott dem Spielgefährten, selig zu dienen Gott dem Herrn und in hingerissener Liebe anzuhängen Gott dem Geliebten. Kannst du all diese Seligkeit zu einer einzigen höchsten und regenbogenfarbenen Beziehung zusammenfassen? Was brauchst du dann noch einen Himmel? - 18 - |